Unternehmung Gesundheit Hochfranken

eNurse schafft Versorgungsbrücken in die häusliche Umgebung

Luftaufnahme Nähe Regnitzlosau

© Vanessa Wagner

UGHO eNurse Logo

Das regionale Ärztenetz Unternehmung Gesundheit Hochfranken (UGHO) wurde vor dem Hintergrund eines Versorgungsmangels gegründet und ist inzwischen fest etabliert. Heute gehört es zu den größten Gesundheitsnetzen in Bayern. Es verfügt über einen Verbund von Haus- und Fachärzten, die auf Basis gemeinsam definierter Behandlungspfade kooperieren. Die Netzwerkorganisation wurde in eine professionelle Management- und Trägerstruktur überführt. Zentrale Leistungen der Qualifikation und Weiterbildung, der Vertragsabstimmung, der Personalakquise und des IT-Supports wurden an die Managementgesellschaft übertragen und dadurch die Netzwerkpartner unmittelbar entlastet. Innovative Lösungsansätze wie die eNurse haben entscheidenden Anteil am Erfolg des Projektes, mit dem die Patientensicherheit erhöht und gleichzeitig ärztliche Ressourcen zielgerichteter eingesetzt werden. Die eNurse ist eine Nicht-ärztliche Praxisassistentin, an welche ärztliche Leistungen delegiert und eine telemedizinisch gestützte Vor-Ort-Betreuung der Patienten in deren häuslicher Umgebung sichergestellt werden.

Durchschnittsalter

Das Durchschnittsalter der Bevölkerung im Landkreis Hof in Bayern liegt bei

0

Jahren

Renter/Rentnerinnen

Auf 100 Erwerbsfähige kommen im Landkreis Hof in Bayern

0

Rentnerinnen und Rentner.

Ärzte/Ärztinnen

Für 100.000 Einwohner und Einwohnerinnen gibt es im Landkreis Hof in Bayern

0

ambulante Ärztinnen und Ärzte.

Hausärzte/Hausärztinnen

Im Landkreis Hof in Bayern sind

0 %

der Hausärzte und -ärztinnen über 60 Jahre alt.

Fachärzte/Fachärztinnen

Im Landkreis Hof in Bayern sind

0 %

der Fachärzte und -ärztinnen über 60 Jahre alt.

  • Gründung: 2009
  • Rechtsform: GmbH & Co. KG (aus e. V. hervorgegangen)
  • Status: Verstetigt, tragfähiges Geschäftsmodell
  • Schwerpunkt: Ambulante medizinische Versorgung

Steck­brief

Gründungsmotivation

Versorgungsmangel (insb. Ärztemangel) und die daraus resultierende Notwendigkeit einer langfristigen Sicherung der ambulanten ärztlichen Versorgung in der Region Hochfranken

Typ

Vollversorgungsnetzwerk, basierend auf § 140a SGB V, anerkanntes Praxisnetz durch Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) gem. § 87 SGB V

Beteiligung

Mitglieder als Mitgesellschafter, Erhebung eines Grundbeitrags

Abdeckung

33 Hausärzte, 38 Fachärzte (Stand: 03/2022), d. h., 1⁄3 der regionalen Ärzteschaft ist in der Unternehmung Gesundheit Hochfranken (UGHO) organisiert

Rolle der Netzwerkorganisation

Koordinierung der Verbundleistungen, Vertragsabstimmung mit Kostenträgern und Bereitstellung von Netzwerkleistungen für Mitglieder (Qualifikation, Personal, IT)

Prozesse

Gemeinsame Entwicklung von Behandlungspfaden für die Versorgung der wichtigsten Krankheitsbilder im Netzwerk

IT-Strategie

Konsens über die Verwendung eines einheitlichen Praxisverwaltungssystems, dadurch Abbau von Schnittstellenproblemen und verbesserte Abstimmung zwischen den Netzwerkbeteiligten

© UGHO

Region

Hochfranken, auch als Nordostoberfranken bezeichnet, liegt am äußersten Nordostzipfel Bayerns und grenzt an die Bundesländer Thüringen und Sachsen sowie an Tschechien. Etwa 215.000 Menschen leben hier. Geprägt durch die ehemalige Randlage an der innerdeutschen und tschechischen Grenze, war die Region lange durch Abwanderung geprägt, wobei die Wirtschaft in den Nachwendejahren einen starken Strukturwandel in Richtung Logistik, Dienstleistungen und innovativere verarbeitende Industrie erlebt hat. Das Durchschnittsalter im Landkreis Hof liegt bei 47,9 Jahren, der Altenquotient bei 45,8. Der Landkreis Wunsiedel kommt auf die Werte 47,9 und 47,0.[1]

Gründungsmotivation und aktuelle Situation

Die Gesundheitswirtschaft Hochfrankens ist stark von den Auswirkungen des demografischen Wandels betroffen. Jeder Zweite der insgesamt in der UGHO arbeitenden 35 Haus- und 38 Fachärzte im Landkreis Hof wird in den kommenden 5 Jahren in den Ruhestand gehen. Etwa ein Drittel der Ärztinnen und Ärzte haben sich im Netz zusammengeschlossen, ebenso die beiden regionalen Kliniken Hochfranken mit den Standorten in Münchberg und Naila. Es sind Häuser der Grund- und Regelversorgung mit zusätzlichen Schwerpunkten in den Bereichen Orthopädie und Kardiologie.

Kernelement eNurse

Eine Besonderheit der UGHO ist der Einsatz von mobil arbeitenden medizinischen Fachangestellten oder Helferinnen (eNurses), die Hausbesuche durchführen, wenn kein direkter Arztkontakt notwendig ist bzw. bei denen der Arzt per Video hinzugezogen werden kann. eNurses sind medizinische Fachangestellte mit einer Weiterbildung zur Nichtärztlichen Praxisassistentin (NäPa). Sie sind direkt bei der UGHO angestellt. Der Auftrag erfolgt über ein „Hausbesuchsformular“, das vom Arzt mit Datum, Maßnahme und Patientennamen ausgestellt und an die UGHO-Geschäftsstelle übermittelt wird. Der Einsatz erfolgt als Delegation ärztlicher Leistungen mit Tätigkeiten von Diagnostik (z.B. Blutabnahme, EKG oder Lungenfunktionstest), Wundversorgung, Verbandswechsel oder die Initiierung einer Videosprechstunde mit dem behandelnden Arzt. Aufgabenumfang und Einsatz der eNurses sind dabei auf Basis einer Delegationsvereinbarung und zusätzlicher direkter Abstimmung mit der Landesärztekammer und dem ärztlichen Kreisverband definiert und genehmigt worden. Etwa die Hälfte der Praxen (zum aktuellen Zeitpunkt 18) nutzen das Angebot regelmäßig. Die eNurses besuchen pro Tag üblicherweise zwischen 6 und 10 bis hin zu maximal 15 Patienten – je nach Aufwand und Entfernung der Wohnorte.

 

Aus dem Alltag einer eNurse

Aus der Versorgungspraxis einer UGHO eNurse: Mit dem Schwestern-Koffer und allen notwendigen Utensilien zur Patientenversorgung im Kofferraum beginnt die eNurse ihre am Vortag geplante Fahrt zu den Hausbesuchen bei ihren Patienten. Zwei typische Besuchsbeispiele:

Lungenfunktionstest und Blutdruckmessung bei einer 94-jährigen Neupatientin: Die Patientin lebt in einer Einrichtung des Betreuten Wohnens. Nach kurzem Gespräch zum allgemeinen Befinden folgt die Aufklärung und das schriftliche Einholen des Einverständnisses zu den Untersuchungen. Der ärztlich verordnete Lungenfunktionstest und die Blutdruckmessung werden durchgeführt. Das Spirometrie-Ergebnis wird digital an die betreuende Arztpraxis übertragen. Der Blutdruck stellt sich aufgrund ausgebliebener Medikamenteneinnahme am Morgen zu hoch dar. Die Tabletteneinnahme wird auf Anraten der eNurse nachgeholt. Diese Information gibt sie an die Arztpraxis weiter und ruft die Patientin eine Stunde später zur Statusabfrage an. Der Blutdruck ist inzwischen gesunken, es geht der älteren Dame wieder gut. Ein Arztbesuch ist nicht erforderlich.  

Blutabnahme und EKG bei einem 86-jährigen Patienten: Der Patient kennt die eNurses bereits seit längerer Zeit. Er wohnt mit seiner Ehefrau im 4. Stock eines Mehrfamilienhauses und ist seit einem Schlaganfall auf einen Rollstuhl angewiesen. Dadurch kann er seit 2 Jahren die Wohnung nicht mehr verlassen und ist komplett auf Fremdversorgung angewiesen. Die eNurse führt die beauftragte Blutabnahme und das Ruhe-EKG beim Patienten durch und unterhält sich mit dem Ehepaar. Die entnommenen Blutproben bringt sie im Anschluss direkt zur behandelnden Praxis, wo sie etikettiert und laborbeauftragt werden.

UGHO eNurse im Einsatz
Ob Blutabnehmen, Wundversorgung, EKG oder Spirometrie: Wir haben die wichtigsten Utensilien immer dabei, wenn wir zu den Patienten fahren.

Bettina R.,
eNurse im UGHO-Projekt

Management und Organisation

Das Netz geht auf die Initiative und das Engagement einzelner Ärzte der Region zurück. Der erste Zusammenschluss erfolgte im Jahr 2006 noch als Verein unter dem Namen „Praxisnetz Hochfranken e. V.“. Im Jahr 2009 kam es zur Überführung in eine Managementgesellschaft als Unternehmung Gesundheit Hochfranken GmbH & Co. KG. Das Netz erhebt einen Mitgliedsbeitrag im Sinne einer Verwaltungspauschale. Jedes Mitglied des Verbundes ist zudem Gesellschafter in der Rolle eines Kommanditisten und mit einer Einlage direkt an dem Unternehmen beteiligt. Die Entscheidungsverantwortung obliegt dem Aufsichtsrat der UGHO. Zwei Vollzeitmitarbeiterinnen (Gesundheitsökonomie, Pflegewirtschaft) kümmern sich heute um das Netzwerkmanagement, weitere drei medizinische Fachangestellte sind als eNurses tätig (Vollzeit, Teilzeit, Springerin). Wichtige Erfolgsfaktoren sind Einsatzbereitschaft und die Selbstverpflichtung jedes Mitglieds in Hinblick auf vereinbarte Ziele und Spielregeln des Ärztenetzes. Dies wird bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme in den Verbund geprüft und über die direkte Einbindung in die Gesellschaft sichergestellt. Die Gesellschafterversammlung ist durch dieses Konstrukt oberstes Organ des Netzwerkes, sodass letztlich die beteiligten Ärztinnen und Ärzte für das Gelingen des Netzwerkes verantwortlich sind.

KV-Anerkennung, Kosten

Die UGHO ist ein von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) nach § 87b SGB V anerkanntes Praxisnetz auf Basisstufe und Stufe I. Dadurch erhält ein Teil der Ärzte eine Art Bonuszahlung in Höhe von ca. 30 Euro im Quartal durch die KVB für die Arztnetzzugehörigkeit, welche de facto jedoch keine Relevanz für die Entscheidung von Ärzten zur Teilnahme am Netzwerk hat. Vielmehr unterstreicht die Anerkennung durch die KV die Qualität und Professionalität des Netzwerkes, was wiederum positiv von Kooperations- und Vertragspartnern wahrgenommen wird.

Finanzierung

Finanzierung und Qualitätsmessung basieren auf einem Vertrag nach § 140a SGB V mit der AOK Bayern. Dadurch konnte eine eigene Abrechnungsziffer für die Leistungen der eNurses fixiert werden. Die Qualität der medizinischen Regelversorgung aller Patienten, auch der Versicherten anderer Kassen, bleibt davon unverändert. Versicherte der AOK Bayern als größter GKV in der Region profitieren von zusätzlichen Leistungen wie der Notfallüberweisung zum Facharzt binnen 48 Stunden. Hausärztliche Leistungen werden über einen fixen Betrag pro AOK-Bayern-Versicherten vergütet. eNurses werden bei Bedarf im Hausbesuch aller Patienten eingesetzt, unabhängig vom Versicherungsstatus. Mit der AOK Bayern wird die Einsatzpauschale der eNurse für eigene Versicherte direkt abgerechnet. Bei anderen Kassen und Privatpatienten geht die anfragende Praxis zunächst in Vorleistung und verrechnet anschließend mit der jeweiligen Kasse bzw. dem Patienten. Infrastrukturkosten für die eNurse (u. a. Telemedizinkoffer, Fahrzeug) wurden zu großen Teilen durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege und die KVB im Rahmen von Förderprojekten finanziell unterstützt.

Vorteile für Netzwerkbeteiligte

Kommunikation und Austausch der beteiligten Praxen untereinander werden großgeschrieben – je besser man sich kennt, umso besser gelingt die Verbundarbeit. Kern der Arbeit im Netzwerk ist es, eine koordinierte und kooperative Versorgungsstruktur aufzubauen, die Ressourcen effizient nutzt und für die Bürger vor Ort ein Leistungsangebot schafft. Dazu hat das Ärztenetz UGHO unter anderem folgende Maßnahmen umsetzen und im Netzwerk etablieren können, die über die klassischen Elemente der Regelversorgung hinausgehen:

  1. Qualitätsmanagement und Patientenbegleitung: Definition von Versorgungsabläufen und Überleitungsszenarien an Fachärzte und Gesundheitsfachberufe mittels netzinterner, leitlinienbasierter Behandlungspfade anhand der für die einzelnen Patienten vorliegenden personen- und krankheitsbezogenen Symptomatik (z.B. koronare Herzkrankheit und Hypertonie, Diabetes mellitus Typ II, Asthma, COPD). Notfallüberweisungen von Haus- zu Facharzt sind binnen 48 Stunden in dringenden Fällen möglich, um Lücken in der Versorgung zu verhindern und eine schnelle Anschlussbehandlung sicherzustellen. Diese Leistungen sind in der Anzahl auf 10 pro Quartal und Hausarzt begrenzt, jedoch flexibel unter Kollegen übertragbar. Zur Analyse und Transparenz sowie zum Benchmarking der medizinischen Versorgungsqualität unter den beteiligten Praxen wurde ein zentrales Netzwerk- und Qualitätsmanagement eingerichtet. Die Praxen werden bei dessen Einführung, Etablierung und Zertifizierung durch das Netzwerkmanagement unterstützt.
  2. Entlastung der Ärzteschaft: Reduzierung physischer Arzt-Patienten-Kontakte bei gesichertem Versorgungsniveau durch die Delegation von ärztlichen Leistungen. Da der Hausbesuch einer eNurse nur zu den Geschäftszeiten des delegierenden Arztes bzw. seines Vertreters erfolgen darf, kann im Bedarfsfall der behandelnde Arzt hinzugeschaltet werden. Die Daten werden zur Auswertung zeitgleich in die Praxissoftware übertragen und ggf. mittels Videorücksprache zwischen eNurse beim Patienten und dem behandelnden Arzt abgeklärt. Der Arzt muss dadurch die Praxis nur noch in dringenden Notfällen verlassen und kann sich mit den geschaffenen Freiräumen seinen Patientinnen und Patienten in der Praxis besser zuwenden.
  3. Elektronische Vernetzung: Beteiligte Leistungserbringer im Ärztenetz verwenden eine einheitlich gewählte Praxisverwaltungssoftware (PVS) zum Austausch von patientenbezogenen Falldaten (elektronische Aktenlösung) untereinander. Die Nutzung von Videosprechstunden (in der Wahl des Videotelefonie-Dienstes sind die Anwender frei) und telemedizinischer Verbindung zwischen eNurses und Arztpraxis ermöglicht den direkten Datenaustausch sowie die Kommunikation mit dem Arzt. Voraussetzung für den reibungslosen Datentransfer zwischen den Leistungserbringern ist ein Rahmenvertrag, den das Netzwerk bereits im Jahr 2012 mit einem Softwareanbieter abgeschlossen hat. Teil dieses Rahmenvertrages ist die Umsetzung einer herstellerspezifischen Schnittstelle, die den Datenaustausch zwischen den jeweiligen Systemen in den verschiedenen Praxen zulässt. Ist der Patient aufgeklärt und die Einwilligung erteilt, werden seine Daten direkt aus dem Praxisverwaltungssystem des überweisenden an das System des weiterbehandelnden Arztes übertragen. Im Rahmen der Netzwerkarbeit hat sich die UGHO-Ärzteschaft hierzu auf einen minimalen und standardisierten Datensatz (u. a. Diagnose, aktueller Befund, Anamnese) geeinigt, wodurch die Anzahl von Rückfragen zwischen den Ärzten stark reduziert werden konnte. Ein wesentlicher Anreiz für das Ausrollen und die Nutzung der gemeinsamen Schnittstelle

    war und ist der Umstand, dass das Netzwerk die monatlichen Kosten in Höhe von knapp 10 Euro für die Nutzung der Schnittstelle für die UGHO-Ärzte trägt. Einzig der Einschluss neuer Praxen in das Netzwerk wird etwas erschwert, wenn nicht auf die gemeinsame IT-Lösung zurückgegriffen wird oder diese wegen laufender anderer Verträge nicht kurzfristig realisiert werden kann. Führte dies in der Vergangenheit zur Ablehnung, scheint für die Zukunft die Kommunikation über den KIM-Standard (KIM = Kommunikation im Medizinwesen im Rahmen der Telematikinfrastruktur) eine mögliche und vielversprechende Alternative.

  4. Bei Personalengpässen von Netzwerkmitgliedern hilft das Netzwerk durch eine flexible Regelung der Arbeitnehmerüberlassung durch die UGHO („Leihschwestern“). Hierzu besteht die Möglichkeit, dass die beim UGHO angestellten NäPas (eNurses) stunden- oder tageweise in einer Praxis, in der ein Personalmangel auftritt, aushelfen. In einem solchen Fall wenden sich die betroffenen Ärzte an das Netzwerkmanagement und eine Arbeitnehmerüberlassung wird vereinbart. Als Vorteil erweist sich dabei, dass die Personen durch ihre Tätigkeiten als eNurse die Ärzte meist schon kennen und dass fast alle Netzwerkmitglieder die gleiche Praxisverwaltungssoftware nutzen und mit der Nutzung vertraut sind.

  5. Angebot von Fortbildungsprogrammen, Gesundheitsaktionen und Qualitätszirkeln für alle Beteiligten am Ärztenetz (Ärzteschaft, Medizinische Fachangestellte, Netzwerkmanagement).

     

Lessons Learned

Zur Übertragung geeignet

  • Delegation von ärztlichen Leistungen an Nichtärztliche Praxisassistenz
  • Qualifikation und Einsatz von eNurses als eine NäPa für den telemedizinisch gestützten Hausbesuch
  • Koordination durch Netzwerk-Managementgesellschaft
  • Ressourcenschonender Ansatz für ein bedarfsgerechtes und intelligentes hausärztliches Versorgungskonzept, bei dem Versorgungslotsen (in Form der eNurses) und Telemedizin eine Schlüsselrolle spielen

Hürden der Verstetigung

  • Berufsständische Akzeptanz der Delegationsleistungen der eNurses (hinsichtlich Genehmigung der Leistungen seitens Landesärztekammer und durch ärztlichen Kreisverband)
  • Zeitliche Begrenzung der eNurse-Leistungen auf die Praxiszeiten der Ärzteschaft
  • Passende Förderformate und Unterstützung für Netzwerkinvestitionen und Neu-/Ersatzanschaffungen fehlen.
  • Ausweitung der Zusatzleistungen des Netzwerkes auf andere Kassen und Versichertengruppen

Faktoren des Gelingens

  • Hohes Eigenengagement der Gründer als Schlüssel zum langfristigen Netzwerkerfolg
  • Grundfinanzierung der Schritte der Initialisierung weitestgehend über Eigenmittel (Mitgliedsbeiträge) gedeckt
  • Netzwerkleistungen sukzessive erweitert, sodass sie echten Mehrwert für die Versorgung liefern und Mitgliedschaft im Netzwerk attraktiv machen

Hürden und Hemmnisse

Bei Aufbau und Betrieb des UGHO-Netzwerkes gab es einige Hemmnisse, welche die Akteure Kraft, Zeit und Geld gekostet haben. Zum Teil sind sie historisch bedingt und konnten mittlerweile gelöst werden, zum Teil liegen auch system- und strukturimmanente Ursachen zugrunde, die auf Ebene der Selbstverwaltung oder der Gesetzgebung zu regeln wären. Die wesentlichen Hürden sind:

  1. Definition der delegationsfähigen Leistungen bei der eNurse: Zum Leistungsumfang gab es lange Verhandlungen mit der Bayerischen Landesärztekammer, die sich in der Auslegung restriktiver verhält als die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Einige Leistungen, darunter das „Abhören aus der Ferne“ (d. h. das Abhören durch eNurses vor Ort und die ärztliche Fernauswertung) wurden nicht als Delegationsleistung anerkannt und nicht bewilligt. Dieser Prozess wurde als sehr kraftraubend und aufwendig beschrieben. Die hohen bürokratischen Hürden hätten ohne professionelle juristische Unterstützung nicht überwunden werden können. In der Folge können heute die eNurses ihr Potenzial noch nicht voll entfalten, die Ärzte noch nicht voll entlastet werden.
  2. Investitionskosten für mobile eNurse-Geräte: Für Investitionen in Neu- und Ersatzanschaffung der mobilen Koffer gibt es keine standardisierten Wege. Daher ist man wiederum auf geeignete Förderformate und Zugeständnisse der Kostenträger angewiesen.
  3. Keine Ausweitung über AOK hinaus: Bisherige Versuche, die Leistungen des Netzwerkes (wie Notfallüberweisungen) durch weitere Verträge nach § 140a SGB V auf andere Kassen und Versichertengruppen auszuweiten und damit direkt abrechenbar zu machen, scheiterten an vergleichsweise geringen Versichertenzahlen für die Region.
  4. Mangelnde Akzeptanz technischer Lösungen: Aufgrund der Altersstruktur der Bevölkerung und der damit einhergehenden eher geringen Technikaffinität einer großen Zahl der Patienten ließen sich bisher nicht alle digitalen Services erfolgreich etablieren. So wird beispielsweise die angebotene Möglichkeit zur Online-Terminvereinbarung insbesondere von älteren Patienten nur sehr wenig wahrgenommen.
  5. Weitere Entwicklungen: Mit der Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in Rehau hat die UGHO zum Januar 2023 einen weiteren wichtigen Schritt getätigt, um die ärztliche Versorgung in der Region langfristig sicherzustellen und attraktive Angebote für Ärztinnen und Ärzte zu schaffen. Vorteile für die Ärzte: Eine Arbeit in Anstellung ist möglich, ebenso Teilzeit-Tätigkeit und ein gleitender Übergang in den Ruhestand für die ausscheidenden Kolleginnen und Kollegen. In Zukunft soll es noch weitere MVZ-Filialen im Netzwerk geben. Darüber hinaus ist die UGHO mittlerweile selbst Ausbilder von eNurses bzw. NäPas. Sie ist mit der Berufsakademie Plauen eine Kooperation eingegangen und ist Ausbildungsbetrieb für den Studiengang Physician Assistants. Diese können innerhalb der UGHO bzw. im UGHO-MVZ eingesetzt werden und somit die ambulante medizinische Versorgung weiterhin sichern.

Quelle:

Regionaldatenbank Deutschland: Tabelle abrufen (regionalstatistik.de)

  • Das Durchschnittsalter der Bevölkerung in Deutschland (Stand 31.12.2021)
  • Anzahl Rentner auf 100 Erwerbsfähige (Altenquotient, Stand 31.12.2021)
  • Anteil der Hausärzte über 60 Jahren in Prozent (Quelle: Stiftung Gesundheit)
  • Anteil der Fachärzte über 60 Jahren in Prozent (Quelle: Stiftung Gesundheit)
  • Ambulante Ärzte pro 100.000 EW (Quelle: Stiftung Gesundheit)

Literaturverzeichnis

1 Statistische Ämter des Bundes und der Länder (Hrsg. 2023): Durchschnittsalter der Bevölkerung zum Stichtag [31.12.2021]. Regionale Tiefe: Kreise und kreisfreie Städte. [02.08.2023] sowie Jugendquotient, Altenquotient zum Stichtag [31.12.2021]

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